Mittwoch, 18. April 2012

Julian Assange interviewt Hassan Nasrallah für den Sender von Vladimir Putin

WikiLeaks Sprecher Julian Assange hat seit neustem eine eigene Chatshow auf dem englischsprachigen russischen Auslandsnachrichtensender Russia Today (RT). Der Sender wird vom russischen Staat finanziert und gilt als Kreml-treu.

RT wurde im September 2005 gegründet und soll auf dem internationalen TV-Nachrichtenmarkt ein Gegengewicht zu CNN und der BBC zu bilden. Mit diesem Ziel ist RT nicht alleine. Der Iran versucht seit 2007 mit Press TV etwas Ähnliches. Das chinesische Staatsfernsehen CCTV - welch passender Name! - betreibt mittlerweile sogar vier Auslandsnachrichtensender (auf englisch, russisch, arabisch und französisch).

RT ist aber nach wie vor der am besten funktionierende Auslandspropaganda-Sender eines autoritären Staates. Er ist weltweit über Satellit empfangbar und wird von vielen westeuropäischen Kabelgesellschaften eingespeist. Auch Online ist man gut aufgestellt: Der Youtube-Kanal von RT wurde bisher über 700 Millionen mal aufgerufen und hat 280.000 AbonnentInnen. Zugriffs- und Abo-Zahlen auf die Fox News und CNN nicht einmal zusammen kommen.

Dem Sender gelingt es immer wieder - meist eher dubiose - Intellektuelle aus westlichen Ländern für sich zu gewinnen. Der neuste Fang heißt Julian Assange.

Assange trifft Nasrallah

Assanges Chat-Show trägt den Namen The World Tomorrow und beginnt mit einer als Vorspann getarnten Selbst-Heroisierung. Er inszeniert sich als revolutionäre Figur, die ab jetzt regelmäßig Personen mit Weltveränderungspotential interviewen werde. Nur indirekt spricht er die Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihn an. Seit 500 Tagen werde er nun ohne Anklage festgehalten, so Assange im mit Musik von M.I.A unterlegten Vorspann. Den Grund dafür zu erwähnen, würde wohl nicht in das heldenhafte Bild passen, das er von sich zeichnet.

In der ersten Folge interviewt er Hassan Nasrallah, den Sprecher der antisemitischen Hisbolloah. Das Interview-Setting ist etwas gewöhnungsbedürftig: Nasrallah wird von einem geheimen Ort auf einen recht billig wirkenden ACER-Computerbildschirm zugeschaltet und mittels Voice over von einem im Studio neben Assange sitzenden Dolmetscher übersetzt. Ein zweiter - neben dem ersten sitzender - Dolmetscher übersetzt für Nasrallah. Das ganze wirkt nicht wie eine professionelle Fernsehsendung, sondern eher wie eine mit Camcorder aufgezeichnete Skype-Sitzung in einem unaufgeräumten Büro, in dem sich ein paar Menschen zu viel aufhalten.

Inhaltlich gibt es von Nasrallah das Übliche zu hören. Israel sei ein illegaler Staat, die PalästinenserInnen die Opfer des selbigen und der Aufstand in Syrien eine ausländische Verschwörung. Er selbst wünsche sich hingegen nichts mehr als Demokratie und ein friedliches Zusammenleben von ChristInnen, Juden/Jüdinnen und Muslimen im Nahen Osten. Gegen Ende des Interviews lässt er das Publikum wissen, dass er Allah für den einzigen Gott hält und politische Systeme mit mehr als einem Führer nicht sinnvoll findet.

Wen trifft Assange nicht?

Bemerkenswert ist nicht nur, dass Assange - soweit bisher bekannt - ausschließlich Männer zum Interview bitten wird. Er war auch in ungewohnter Unterwürfigkeit bereit RT Zugeständnisse zu machen. Weder den unter die Räder von Putins Repressionsapparat geratenen Mikhail Khodorkovsky, noch den chinesischen Künstler und Dissident Ai Weiwei darf er interviewen. Dabei hätten die BetreiberInnen von RT zumindest auf Khodorkovsky direkten Zugriff.


2 Kommentare:

  1. Da hat jemand was gegen Assange, nicht? Nur Männer werden interviewt, aha. Warscheinlich weil Frauen sonst von ihm angebaggert würden was dann nicht im Vorspann erwähnt wird? /Ironie

    Lassen wir uns überaschen was die Show bringt, die übrigens keinen Wert auf Ausgeglichenheit oder Objektivität legt.

    Sie ist, wie alle Fernsehbeiträge (auch die in deutschem Fernsehen), eine Meinung. Die eigene darf man sich schließlich noch selbst bilden.

    In dem Zusammenhang möchte ich kurz auf den Rage von Harald Lesch im ZDF hinweisen, als er in einer Sendung zu Atomkraft plötzlich mürrisch von eingebildeter Plazebowirkung der, in AKW-Nähe wohnenden, Menschen sprach. Ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich objektiv war und ob sich 14-Jährige Krebs eingebildet haben um an dieser Einbildung zu sterben.

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  2. »Den Grund dafür zu erwähnen, würde wohl nicht in das heldenhafte Bild passen, das er von sich zeichnet.«

    Warum *sollte* denn der Grund für eine Anklage(!) erwähnt werden? Spielt das denn irgendeine Rolle?

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    »Er war auch in ungewohnter Unterwürfigkeit bereit RT Zugeständnisse zu machen. Weder den unter die Räder von Putins Repressionsapparat geratenen Mikhail Khodorkovsky, noch den chinesischen Künstler und Dissident Ai Weiwei darf er interviewen.«

    Hast du eine Quelle dafür? Soweit ich das verstanden habe, wollte er diese beiden Personen interviewen, was aber nicht möglich war – jedoch nicht wegen RT! RT strahlt ja nur aus, die produzieren das nicht (sondern eine Firma aus dem UK).

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